22. Juni 2022 – Trends | E-Commerce

Trend im E-Commerce: Buy now, pay later

 

Vor allem ältere Generationen erinnern sich an die Zeit der dicken Kataloge und wie man dabei bestellte: «Erst die Ware, dann das Geld». Konsumentenfinanzierungen gibt es seit jeher. Im E-Commerce nimmt aber ein neues Dienstleistungsmodell gehörig an Fahrt auf: «Buy now, pay later» – kurz: BNPL. Ein genauerer Blick darauf kann sich lohnen.

 

 

Was versteht man unter BNPL im E-Commerce?

Immer mehr Online-Shops entdecken «Buy now, pay later» als verkaufsfördernde Massnahme. BNPL ist eine Finanzierungsmöglichkeit, die fix in den Checkout-Prozess eines Onlineshops integriert wird. Im Unterschied zum Kauf auf Rechnung steht hinter dem BNPL-Ansatz jeweils ein Anbietermodell bzw. eine Dienstleistung, die hochautomatisiert abläuft. Meist ist sie mit der Option einer Ratenzahlung gekoppelt.
 

Was bringt BNPL?

BNPL-Anbieter preisen die Bequemlichkeit und Flexibilität für Käuferinnen und Käufer. Und ja, es gibt handfeste Vorteile. Viele Käufer bestellen sich dasselbe Kleidungsstück in mehreren Grössen in der Absicht, einen Teil der Ware wieder zurückzusenden. Zu diesem Zeitpunkt haben sie noch nichts bezahlt. Andere leisten sich höherpreisige Dinge, für die sie im Moment nicht flüssig genug sind.

Für den Händler basiert das Geschäftsmodell darauf, die Hemmschwelle für den Einkauf herunterzusetzen und mehr Umsatz zu generieren. Und das scheint aufzugehen. Marktstudien belegen, dass sowohl die Anzahl der Käufe steigt als auch das Volumen des Warenkorbs nach oben geht. Was dazukommt: Ein BNPL-Dienst erhöht die Kundenbindung, denn Käufer kehren dahin zurück, wo BNPL problemlos funktioniert hat.

 

Wie funktioniert BNPL?

BNPL wird als weitere Bezahloption in den Checkout-Prozess eines Onlineshops integriert. Mit der Wahl der BNPL-Option geht das Einverständnis einer Bonitätsprüfung einher, die sekundenschnell im Hintergrund abläuft. Der Anbieter finanziert dann den Kauf vor und übermittelt dem Händler den Kaufbetrag. Rechtlich ist es so, dass der Käufer mit dem Kauf sofort das Eigentumsrecht für das Produkt erhält. Bei einer Überschreitung des Termins erfolgt in der Regel die bekannte «Erinnerung», danach Mahnungen mit entsprechenden Gebühren in der Verantwortung des BNPL-Dienstleisters.

 

Wer trägt das Ausfallrisiko?

Das Ausfallrisiko wird vollständig von den BNPL-Anbietern übernommen. Selbstverständlich gegen eine Gebühr zulasten des Onlineshops. Und genau hier ist ein entscheidender Punkt. Grundsätzlich wird eine BNPL-Methode vom Käufer nur akzeptiert, wenn damit keine umständlichen oder zeitaufwendigen Bonitätsprüfungen verbunden sind. Anhand von Name, E-Mail-Adresse und Alter muss der Algorithmus so gut sein, dass in Sekundenschnelle eine Bonitätsprüfung erfolgt. Hier bedienen sich die Anbieter verschiedener Quellen, beispielsweise Kreditinformations-Datenbanken, um unsichere Kandidaten herauszufiltern.

 

Welche Anbieter gibt es?

Man kann drei Arten von Anbietern unterscheiden: Fintech-Unternehmen, Banken und Kreditkarteninstitute. Wir kennen es aus der Historie, zuerst auf den Zug aufgesprungen sind nicht etwa die Profis, sprich Banken, sondern Quereinsteiger und Startups. Internationale Fintech-Unternehmen wie Klarna, PayPal oder Arvato Payment Solutions (AfterPay) treten mit eigenen Lösungen am Markt auf und sind längst zu «Einhörnern» (Bewertung > 1 Mrd. $) geworden. Aber auch regionale Anbieter schiessen aus dem Boden. In der Schweiz versucht derzeit «HeidiPay» durchzustarten. Swissbilling ist schon länger auf dem Markt und übernimmt für Kunden Risiko und Gesamtabwicklung von «Kauf auf Rechnung». Aktiv an einer eigenen BNPL-Lösung ist nach eigener Auskunft auch TWINT.

 

Wie sehen die Konditionen aus?

Natürlich lassen sich die Zahlungsanbieter Risiko und Aufwand bezahlen. In der Regel bezahlt der Shop-Betreiber eine fixe Gebühr pro Transaktion, die sich zwischen 3 und 7 Prozent bewegt, also deutlich über den Transaktionskosten von Debit- oder Kreditkarten, die um die 1 bis 2 Prozent liegen. Was allen erfolgreichen Methoden gemeinsam ist: Der Käufer hat – zumindest in den Grundmodellen – keinerlei Mehrkosten und als Händler bekomme ich den Kauf unmittelbar vom Dienstleister abzüglich der Gebühren erstattet.

 

Wie entwickelt sich BNPL in der Schweiz?

Im angelsächsischen und asiatischen Raum boomt BNPL geradezu. Auch in Europa sind die Zuwachsraten pro Jahr zweistellig. In der Schweiz ist der Erfolg der BNPL-Anbieter noch bescheiden. Schweizer Konsumenten nehmen – das muss man konstatieren – eine Sonderstellung ein. Zum einen hat die Zahlung mit Rechnung eine verfestigte Tradition, zum anderen ist die Bereitschaft zum Schuldenmachen eher gering. Marktbeobachter rechnen aber in den nächsten Jahren trotzdem mit einem jährlichen Anstieg von rund 10 Prozent. Bezogen auf die Schweiz könnte das BNPL-Volumen laut dem Schweizer Handelsverband in den nächsten fünf Jahren auf 3 bis 4 Milliarden Franken steigen und damit auf rund 20% am E-Commerce-Gesamtvolumen.

 

Fazit

BNPL ist ein Win-win-Modell. Als Dienstleistung ist es klar ein B2C-Thema, da im B2B-Bereich der traditionelle Kauf auf Rechnung sehr zuverlässig funktioniert. Onlinehändler, die den Endkonsumenten im Visier haben, sollten BNPL aber im Fokus haben. Viel Potenzial haben zum einen auswahlintensive, zum anderen hochpreisige Produkte. Das E-Bike zur Velosaison, die Home-Sauna für den kalten Winter – und das «just in time» erworben. Das Kaufverhalten und die hohe Retourenquote der jüngeren Generation zeigen in diese Richtung. Letztlich ist BNPL eine weitere Zahlungsoption, die das Serviceangebot für Kunden erweitert und die Kundenbindung erhöht.

 

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