11. Dezember 2019 – UX-Design & Interactive

Im Land der Khmer

 

Auf Reisen gibt es immer viel zu berichten. Gemeinsam mit meinem Partner durfte ich vom 13. bis 26. November auf einer Privatrundreise in Kambodscha viel Beeindruckendes sehen und erleben. In diesem einmal etwas anderen Blogbeitrag picke ich zwei besonders prägende Begebenheiten heraus. Für das mögliche Aufkommen von Fernweh übernehme ich keine Verantwortung.

 

 

Die Khmer

Auf die geografische Lage und die Geschichte von Kambodscha oder Details über die Khmer, wie sich die Einwohner Kambodschas selber nennen, gehe ich hier nicht weiter ein. Möchten Sie mehr darüber wissen, hilft Ihnen Tante Wiki gerne weiter:

Kambodscha und seine Bewohner erschienen uns als pures Chaos. Dies aber auf eine so sympathische Weise, dass wir uns pudelwohl gefühlt haben. Die Khmer begegneten uns fast immer mit grosser Freundlichkeit. Vor allem Kinder winkten hocherfreut, zeigten ihr strahlendes Lächeln und riefen lauthals ein englisches «Hello». Die freundliche Art gehört in Kambodscha zur Lebenseinstellung. Das Lächeln ist aber auch Selbstschutz, da Gefühle nicht immer offen gezeigt werden dürfen. Die Begrüssung und das Danken mit erhobenen, aneinandergepressten Handflächen haben wir uns schnell angewöhnt – und es brauchte dann ein paar Tage, bis wir es in Europa wieder abgewöhnt hatten. Die Verständigung mit den Khmer auf Englisch funktionierte ausgezeichnet. Man merkte, dass die Kinder im Unterricht Englisch lernen. Vieles in Kambodscha ist zweisprachig, in Khmer und Englisch, angeschrieben. Wie hilfsbereit die Menschen sind, zeigt eines von vielen Erlebnissen, die wir mit den Einwohnern Kambodschas machen durften.

Egal, wo wir unterwegs waren, immer sind uns strahlende, wild winkende Kinder mit englischem «Hello» begegnet.

Viele Verkehrsschilder oder Beschriftungen an Gebäuden sind zweisprachig.

Die Suche nach der Skybar

Unsere Reiseleiterin hatte uns ein Abendessen in einer ganz speziellen Skybar empfohlen, wo man am Abend offenbar einen unvergleichlichen Ausblick auf die Hauptstadt geniessen konnte. Das Problem war nur, dass sie uns den Namen der Bar nicht mehr nennen konnte – nur etwas mit Moon hatte sie noch im Kopf. Unser Tuk-Tuk-Fahrer konnte damit aber nicht viel anfangen, auch nicht mit dem Beschrieb, dass wir eine Bar mit Restaurant auf einem Hochhaus suchten. Er hatte aber eine Idee, was wir meinen könnten. Am betreffenden Ort liess er uns dann aussteigen. Dies war jedoch definitiv nicht der Ort, den uns die Reiseleiterin beschrieben hatte, die Lokalität war zu wenig hoch. Als der Fahrer bemerkte, dass wir das Gebäude nicht betraten, kam er wieder auf uns zu und fragte, ob das der falsche Ort sei. Er hatte noch eine zweite Idee und fuhr uns zu dieser Lokalität. Aber auch da: Fehlanzeige. Damit wir Onkel Google fragen konnten, stellte der Fahrer nun sein Handy auf Englisch um und gab es uns, damit wir die Lokalität suchen konnten. Beim dritten Ziel stiegen wir dann aus und betraten das Gebäude. Leider war es auch nicht das gesuchte Lokal, doch das bekam der hilfsbereite und engagierte Fahrer nicht mehr mit. Wir fanden die Bar dann zu Fuss, nachdem wir quer durch Phnom Penh und die verwinkelten Gassen zu einem Wolkenkratzer liefen, der am ehesten danach aussah, als könnte sich eine Skybar auf dem Dach befinden. Wir bewegten uns dabei in Wohngebieten und Gassen, in denen bestimmt nur selten Touristen durchkamen. Die Menschen beobachteten uns natürlich, jedoch nicht mit Misstrauen oder Argwohn, sondern mit freundlich wirkender, aufrechter Neugierde. Angst oder ein Unwohlsein, wenn wir ohne Reiseleitung unterwegs waren, hatten wir nie.

Vollbepackt unterwegs

An was wir uns nie sattsehen konnten, waren der Verkehr und die vielen vollbepackten Fahrzeuge. Immer, wenn wir dachten, «das toppt alles, etwas Extremeres werden wir nicht mehr zu Gesicht bekommen», kam das nächste Gefährt mit noch mehr Gepäck. Dass die Fahrzeuge übers Limit hinaus beladen werden, gehört ebenso zum Verkehrsbild wie die beklebten oder mit einem Vorhang bis zur Hälfte abgedeckten Frontscheiben.

Gehupt wird ständig. Dies jedoch nicht aus dem Grund, andere Fahrzeuglenker auf Fehler aufmerksam zu machen, wie es bei uns meist der Fall ist, sondern vielmehr mit der Botschaft: «Achtung, ich komme und überhole dich jetzt, mach Platz, bleib gefälligst auf deiner Spur und halte dich möglichst rechts!»

Regeln – sind nicht die Regel

Verkehrsregeln scheint es zwar zu geben, aber die Kambodschaner fahren eher nach Lust und Laune. Die Strassenbreite wird jeweils bis aufs Maximum ausgenutzt. Da kommt es schon mal vor, dass bei zweispuriger Strasse vor einer Ampel zwei Autos und gefühlt 10 Zweiräder und Tuk-Tuks dicht gedrängt neben- und hintereinander auf das grüne «Go» warten, um dann gleichzeitig loszupreschen.

Die Gurtenpflicht (nur) für Fahrer und Beifahrer wurde 2016 vom Staat vorgegeben. Nicht selten haben sich unsere Reiseleiter bei uns über dieses Thema ausgelassen: Wie ungewohnt es doch sei, daran zu denken, sich jetzt immer anschnallen zu müssen, um keine Busse zu erhalten.

Tafeln mit Angabe des Tempolimits scheinen eher eine Wegrandzierde zu sein, falls denn überhaupt welche vorhanden waren. Auf unsere Frage, wie schnell man in Kambodscha fahren dürfe, gab es keine einfache Antwort. Der Staat habe zwar definiert, welches Tempo für innerorts und ausserorts gelte. Da es aber oft an einer klaren Trennung der beiden Varianten fehlt, verwundert es nicht, dass es nicht immer klar ist, wann man mit 80 oder 50 km/h unterwegs sein darf. Meistens orientiert sich das Tempo sowieso am Verkehrsaufkommen oder am Zustand der Strassen, der sich von Jahr zu Jahr verbessert. Natürlich gibt es auch Verkehrs- oder Geschwindigkeitskontrollen. Manche Vergehen werden dabei von kreativen Gesetzeshütern selber erfunden. Die Bussen fliessen dann in ihre eigenen Taschen.

Nichts ohne das Motorrad

Die Strassen Kambodschas kann man sich ohne Motorräder nicht vorstellen. Sie scheinen das beliebteste und meistgenutzte Verkehrs- und Transportmittel der Khmer zu sein. Grund dafür ist wohl der staatliche Beschluss, dass alle Motorradfahrer, die eine Maschine mit weniger als 125 ccm Hubraum fahren, keinen Führerschein brauchen, sodass Herr und Frau Khmer die Zeit nicht in einer Fahrschule verbringen müssen. Helmpflicht auf Motorrädern sowie die Beschränkung auf zwei Personen pro Motorrad wurden zwar 2016 eingeführt. Dies scheint viele Kambodschaner aber nicht sonderlich zu interessieren. Anschaffung und Ersatzteile für Motorräder sind sehr billig, sodass sich auch arme Familien ein Zweirad leisten können. Entsprechend nutzt dann auch die ganze Familie dieses Zweirad, und zwar gleichzeitig. Nicht selten sahen wir bis zu vier Personen auf dem gleichen Gefährt: der Vater am Lenker, das ältere Kind in der Mitte und die Mutter mit Baby im Arm ganz hinten drauf. 

 

Eine Reise wert

Kambodscha ist auf alle Fälle eine Reise wert. Nicht nur wegen den verschiedenen Sehenswürdigkeiten und Tempelanlagen wie Angkor Wat oder Ta Prohm, wo zum Beispiel Tomb Raider gedreht wurde, sondern vor allem wegen seinen Bewohnern und der Kultur. Zusätzlich schöne und witzige Erfahrungen erlebt, wer sich traut, auf die Menschen zuzugehen und mit ihnen zu reden – selbst wenn das eigene Englisch nicht «the yellow from the egg» ist.

Dass ein Motorrad auch eine gute Matratze abgibt, beweist uns dieser schlafende Khmer aus Phnom Penh.

Manchmal entsteht aus der Bequemlichkeit der Gäste für die erfinderischen Khmer eine Geldeinnahmequelle: Damit das Stück Strand ja nicht zu Fuss durchmarschiert werden muss, gibt es den Strandfahrdienst. Er wird übrigens nicht nur von Touristen genutzt.

Die Strassen werden bis aufs Maximum in der Breite ausgeschöpft.

Früh übt sich …

Was wohl unsere MFK zur getönten Frontscheibe und zum Loch auf der Fahrerseite sagen würde? Ganz zu schweigen von den freundlich winkenden Passagieren auf den Freiluft-Fracht-Sitzplätzen.

Wie man so noch fahren und lenken kann, bleibt für uns ein grosses Mysterium.

Nicht selten sind die Anhänger bis zum Bersten gefüllt. Dazu kommen noch Passagiere, die so relaxt darauf sitzen wie ein Europäer fernsehschauend auf dem Sofa.

 

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2 Kommentare

Karl Ernst 18.12.2019 - 09:42 Uhr

Ganz lässiger Bericht, vielen Dank! Ja, es darf auch mal etwas Persönliches sein, finde ich sympathisch!

Sandra Barmettler 18.12.2019 - 11:43 Uhr

Sehr geehrter Herr Ernst Vielen Dank für die nette Rückmeldung. Es freut mich natürlich sehr. Vor allem da ich mich zuerst wirklich schwergetan habe, ob ich auch mal so etwas eher weniger Marketing- oder KnowHow-Technisches wie es sonst so üblich ist, bringen darf. Das motiviert auch später wieder einmal so etwas zu schreiben. Freundliche Grüsse Sandra Barmettler


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Sandra Barmettler

Web- und Mediapublisherin, Polygrafin

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